Projekt Europa

Mal wieder Frühling auf Senja

(22 Mai 2023)

Endlich Sonne! Nach Tagen voller grauem Himmel und Regen schien heute Morgen endlich die Sonne. Ein seltener Anblick hier in Norwegen, und es tat unglaublich gut. Simon und Deby waren schon dabei, ihre Sachen zusammenzupacken – sie waren mal wieder schneller als ich. Der Pass gestern war anstrengend, aber heute sollte es weitergehen. Noch ein Kaffee, ein paar letzte Worte mit den anderen, dann brach ich auf.

Doch das erste Hindernis ließ nicht lange auf sich warten: Der Pass, den ich eigentlich nehmen wollte, war von tiefem Schnee blockiert. Die einzige Alternative war ein Tunnel – doch für Fahrräder war er gesperrt. Simon und Deby hatten sich bereits entschlossen, ihr Rad durch den Schnee zu schleppen. Ich war mir nicht sicher, ob ich das wollte. Die Optionen? Den verschneiten Pass nehmen und mich durch den Schnee kämpfen, verbotenerweise durch den Tunnel fahren, per Anhalter mitgenommen werden oder warten, bis mitten in der Nacht kaum noch Verkehr ist. Keine der Möglichkeiten klang wirklich gut.

Zum Glück hatte ich eine Idee: Ich fragte einen Busfahrer, ob er mich mitnehmen könnte. Zu meiner Erleichterung war das kein Problem – und er schenkte mir sogar die Fahrt. Ich war heilfroh, den Tunnel hinter mir zu haben. Er sah absolut nicht fahrradtauglich aus, also war es wohl besser so.

Die Nacht war weniger optimal. Direkt neben einem Parkplatz schlug ich mein Lager auf – überall lag noch Schnee, also blieb mir kaum eine andere Wahl. Immerhin wurde ich gewarnt: Weiter vorne gäbe es gar keine Übernachtungsmöglichkeiten mehr. Also machte ich das Beste daraus. Die Straße war nah, ab und zu rasten Autos vorbei, aber nach all den Tagen unterwegs störte mich das kaum noch. Ich legte mich hin und hoffte auf eine halbwegs ruhige Nacht.

Der nächste Tag begann mit Regen. Der Himmel, gestern noch strahlend blau, hatte sich wieder in eine graue Decke gehüllt. Noch 50 Kilometer bis zur Unterkunft, einmal durch Tromsø durch. Mein Host hatte mir einen Tipp gegeben: Aufs Meer achten, denn es gab wohl gerade viele kleine Wale in der Gegend. Also hielt ich die Augen offen.

In Tromsø selbst schien ein besonderer Feiertag zu sein. Überall liefen Menschen in Trachten und Anzügen herum, norwegische Fahnen flatterten im Wind. Die Geschäfte waren geschlossen, und ich fuhr durch die Stadt, während mich der Regen langsam durchnässte. Danach ging es weiter Richtung Unterkunft. Nach fast zwei Wochen auf dem Rad wurde es Zeit für eine Pause. Ich spürte die Anstrengung in jeder Faser meines Körpers, aber die Vorfreude auf ein paar ruhige Tage trieb mich weiter.

Nach vier Tagen Pause war ich wieder unterwegs. Die stürmischen Tage hatte ich in der Unterkunft ausgesessen, doch nun wartete das nächste Abenteuer: die Überfahrt nach Senja. Bis zur Fähre waren es entspannte 25 Kilometer, also ließ ich mir Zeit, genoss die Natur und gönnte mir unterwegs noch einen Kaffee. Angekommen an der Fähre hieß es warten – noch eine Stunde bis zur Abfahrt. Die Sonne schien, aber für morgen war schon wieder Regen angesagt. Ich hoffte, dass das Wetter mir diesmal ein wenig mehr Glück brachte.

Eines fiel mir besonders auf: Wasser gab es hier in Norwegen überall. Überall rauschten kleine Wasserfälle von den Felsen, eiskaltes, klares Wasser. Ich musste mir nie Sorgen machen, meine Flaschen aufzufüllen. Ein kleiner Luxus in dieser rauen, wunderschönen Landschaft.

Und so ging die Reise weiter. Jeden Tag eine neue Herausforderung, jede Etappe ein neues Abenteuer. Und trotz aller Strapazen – oder vielleicht gerade deswegen – wusste ich, dass ich diese Tour niemals vergessen würde.

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