Projekt Europa

Polnische Gastfreundschaft

(26 März 2023)

Ich hatte mein Zelt direkt am Weg aufgebaut. In Polen machte ich mir keine Gedanken darüber, ob mich jemand erwischen würde. Noch bevor ich meinen ersten Kaffee gekocht hatte, war ein Traktor an mir vorbeigefahren – aber alles war cool. Die Kälte war jedoch kaum zu ignorieren. Der Wetterbericht hatte für die Nacht -3 Grad vorhergesagt, und die Temperaturen fühlten sich definitiv danach an. Schnee und Regen wechselten sich ab, aber mit einem heißen Kaffee in der Hand bereitete ich mich mental auf den Tag vor. Es wurde Zeit, mein Lager wieder zusammenzupacken und weiterzuziehen.

Die Nacht war bitterkalt gewesen, -4 Grad hatte mein Schlafsack aushalten müssen. Immerhin schien die Sonne, und ich machte mich früh auf den Weg. Die Kälte kroch mir dennoch in die Knochen, also trat ich ordentlich in die Pedale, um mich aufzuwärmen. Ich wollte an diesem Tag einiges schaffen, aber ich setzte mich nicht unter Druck – wenn es nicht lief, dann war es eben so. Gegen Mittag erreichte ich eine Stadt, deren Namen ich nicht einmal aussprechen konnte. Ich beschloss, mir eine Unterkunft zu nehmen. Eine warme Nacht und eine heiße Dusche waren eine willkommene Abwechslung.

Nach einer Nacht in der Unterkunft führte mich mein Weg auf eine Landstraße und weiter in den Wald. Ich hatte mir vorgenommen, mindestens 80 Kilometer zu schaffen. Auf meiner Route traf ich einen Mann, der mich fragte, wo ich die Nacht verbringen würde. Ich erwähnte, dass ich im Wald schlafen wollte, woraufhin er mir anbot, bei ihm zu übernachten. Wenn ich keine Angst hätte, wäre ich herzlich willkommen. Ich nahm das Angebot gerne an. Am Abend lud er mich zum Essen ein – er hatte mir chinesisches Essen besorgt. Wir unterhielten uns lange. Er war selbst Radreisender gewesen und erst vor Kurzem aus Portugal zurückgekehrt.

Am Morgen war mein Gastgeber bereits unterwegs, hatte mir jedoch noch Frühstück dagelassen. Gut gestärkt machte ich mich auf den Weg. Der Tag war von Regen und Matsch geprägt, und meine Reifen versanken regelmäßig in schlammigen Wegen. Ich hielt an, um mein Fahrrad sauberzumachen, doch es war ein endloser Kampf gegen die nassen Straßen. Trotz allem zog ich weiter, immer mit meinem Ziel vor Augen.

Ich hatte an einer zugemüllten Feuerstelle geschlafen, aber das machte mir nichts aus – ich hatte gut geschlafen. Polen war landschaftlich schön, aber ich spürte, wie mich mein Kopf immer weiter nach Skandinavien zog. Seit Beginn meiner Reise hatte ich mich auf den Moment gefreut, an dem ich endlich Finnland erreichen würde. Jetzt wollte ich einfach nur Kilometer machen und vorankommen. Ich trank meinen Kaffee, frühstückte schnell und setzte meine Reise fort.

Ich hatte beschlossen, eine alternative Strecke zu wählen. Der EuroVelo 11 verlief über lange Sandwege, und mein Fahrrad war inzwischen völlig mit Sand verdreckt. Ich suchte mir eine andere Route, um schneller und bequemer voranzukommen. Das Wetter blieb regnerisch, und ich wusste, dass die nächsten Tage nicht besser werden würden. Dennoch: Nur noch 200 Kilometer bis ins Baltikum! Wenn alles gut lief, würde ich es in zwei oder drei Tagen schaffen.

Am Morgen packte ich mein Zelt zusammen und fuhr weiter. Plötzlich rasten Kampfjets in niedriger Höhe über meinen Kopf hinweg – ein beklemmendes Gefühl, wenn man bedenkt, dass Belarus und Kaliningrad gleich um die Ecke waren. Ich ignorierte den Gedanken und trat weiter in die Pedale. Noch 77 Kilometer bis zur Grenze. Ich wollte sie heute noch erreichen, und mit jedem Kilometer wurde die Landschaft schöner. Hügel prägten das Bild, und ich spürte, wie ich der Natur wieder näherkam. Die letzten Tage in Polen neigten sich dem Ende zu – bald würde das Baltikum vor mir liegen. Ich verbrachte jedoch noch ein paar Tage in einer Unterkunft an der Grenze zu Litauen

Die Reise ging weiter, aber mein Blick war bereits nach Norden gerichtet. Skandinavien wartete auf mich.

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