Projekt Europa

Regen, nass und noch mehr Regen

(21 November 2022)

Vorgestern erreichte ich endlich Santiago. Nach all den Kilometern auf dem Fahrrad hätte dieser Moment ein Höhepunkt sein sollen, doch das Wetter machte mir einen Strich durch die Rechnung. Den ganzen Tag über regnete es unaufhörlich, sodass ich nur kurz bei Media Markt vorbeischaute und mir abends die Stadt ansah. Am nächsten Morgen beschloss ich, weiterzufahren, auch wenn das Wetter nicht besser wurde. Es wechselte ständig zwischen Sonne und Regen – ein ständiges Auf und Ab, das mir langsam die Laune verdarb.

Ich buchte mir eine Unterkunft in der nächsten Ortschaft, denn mit meiner durchnässten Kleidung wollte ich nicht riskieren, krank zu werden. Zelten war bei diesen Bedingungen keine Option. Auch die letzten zwei Nächte im Hostel waren alles andere als erholsam gewesen. Mein gebuchtes Zimmer stand mir nicht zur Verfügung, doch immerhin hatte ich mein Geld zurückbekommen.

Der Regen begleitete mich weiter. Ich zog meine Regenmontur an, nur um sie kurze Zeit später wieder auszuziehen – und dann doch erneut anzuziehen, als der nächste Schauer über mich hereinbrach. Ich hoffte nur, dass das Wetter wenigstens für die restlichen 15 Kilometer bis zu meiner Unterkunft halten würde.

Meine Navigation mit Google Maps stellte sich als echte Herausforderung heraus. Ich folgte einem vermeintlichen Weg, der plötzlich mitten in einem Fluss endete. Laut Google sollte ich wohl einfach hinüberfliegen. Also suchte ich mir einen anderen Weg, auch wenn es bedeutete, eine stark befahrene Straße zu nutzen.

An diesem Tag war meine Laune ohnehin im Keller. Der ständige Regen und die Kälte zerrten an meinen Nerven, und ich hatte wenig Lust, die Kamera in die Hand zu nehmen. Doch am nächsten Morgen wachte ich in einer besseren Stimmung auf. Ich hatte mir für 22 Euro ein Zimmer genommen, gut geschlafen und fühlte mich etwas erholt. Das Wetter sah zwar nicht besser aus, aber ich war bereit, weiterzufahren.

Unterwegs begegnete ich einigen interessanten Menschen. Zuerst traf ich einen Portugiesen namens Gill, der ebenfalls mit dem Fahrrad nach Santiago unterwegs war. Später lernte ich eine Deutsche kennen, die von Porto aus zu Fuß pilgerte. Mit beiden führte ich nette Gespräche. Später hielt mich ein Mann namens Antonio lange auf. Wir redeten über tiefgründige Themen, und zum Abschied drückte er mir fünf Euro in die Hand – für ein Bier auf ihn. Solche Begegnungen machten die Reise trotz der Strapazen lohnenswert.

Doch der Regen blieb mein ständiger Begleiter. Ich kam kaum voran, da ich immer wieder angehalten wurde, um mich mit Menschen zu unterhalten oder Schutz vor dem nächsten Regenschauer zu suchen. Gegen Abend erreichte ich Pontevedra, wo ich mir erneut ein Zimmer nahm. Die Wettervorhersage hatte Dauerregen angekündigt, doch ironischerweise blieb es die ganze Nacht über trocken.

Am nächsten Morgen startete ich spät. Ich war müde, hatte Kopfschmerzen und fühlte mich insgesamt erschöpft. Trotzdem setzte ich meine Reise fort, mit dem Ziel, noch am selben Tag die Grenze nach Portugal zu erreichen. Während der Fahrt klarte das Wetter wider Erwarten auf. Der Wind blies sanft von hinten und schob mich voran – eine willkommene Erleichterung nach all dem Regen.

Doch kurz vor der Grenze zog der Himmel plötzlich wieder zu. Ich wartete an der Fähre, die mich über den Fluss bringen sollte. Kaum waren meine Sachen an Bord verstaut, begann es in Strömen zu regnen. Natürlich hatte ich meine Regenhose nicht angezogen, sodass ich wieder einmal komplett durchnässt war. In Portugal angekommen, zog ich mich sofort um, während die Sonne sich schon wieder blicken ließ – ein Sinnbild für diese Reise voller unberechenbarer Wetterwechsel.

Was mich in den nächsten Tagen erwartete, war ungewiss. Doch eines war sicher: Diese Reise war eine Achterbahnfahrt aus Wetterkapriolen, unvergesslichen Begegnungen und Momenten, die mich trotz aller Widrigkeiten immer wieder lächeln ließen.

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