(09 Oktober 2022)
Der Morgen begann früh. Das Zelt hatte ich bereits eingepackt, und um neun Uhr saß ich schon auf dem Fahrrad.
Die Nacht war zwar etwas unruhig, aber insgesamt hatte ich gut geschlafen. Nach den ersten zehn Kilometern meldete sich mein Magen lautstark zu Wort – Zeit für ein ordentliches Frühstück. Ich suchte mir einen gemütlichen Platz, kochte mir einen Kaffee und genoss die morgendliche Ruhe.
Mein Weg führte mich auf den EuroVelo 3, eine Radroute quer durch Europa. Der Weg war streckenweise eintönig, also drehte ich meine Musik auf. Die Landschaft veränderte sich langsam – die Blätter nahmen herbstliche Farben an, und die Temperaturen blieben angenehm mild. Trotz der Wolken war es nicht zu kalt und nicht zu warm – perfektes Radfahrwetter. Während ich fuhr, fragte ich mich, ob es in Südspanien überhaupt einen richtigen Herbst gibt. Aber bis ich dort ankam, lagen noch viele Kilometer vor mir.
Unterwegs machte ich einen kurzen Stopp beim Decathlon. Als ich zurück zu meinem Fahrrad kam, bemerkte ich mit Schrecken, dass ich mein Außenzelt verloren hatte. Ich erinnerte mich, dass ich es am Rad befestigt hatte, damit es trocknen konnte. Also fuhr ich die Strecke zurück und suchte – und tatsächlich, nach acht Kilometern lag es noch immer am Wegrand! Erleichtert packte ich es wieder ein und schwor mir, in Zukunft besser aufzupassen.
Gegen Abend begann ich, nach einem geeigneten Schlafplatz zu suchen. Ich entdeckte einige Wiesen, doch überall standen Schilder, die vor Jagdgebieten warnten. Das war mir zu riskant. Also fuhr ich weiter, bis ich einen perfekten Platz fand: eine kleine Bucht neben einem Feld, umgeben von Bäumen. Dort war ich bestens versteckt. Ich baute mein Zelt auf und bereitete mich auf die Nacht vor.
In der Nacht erlebte ich eine Premiere – meine erste Begegnung mit einem Wildschwein. Ich wurde gegen halb fünf wach und hörte es ganz in der Nähe grunzen. Es schien sich nicht für mich zu interessieren und trottete weiter. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, so nah an einem Wildtier zu schlafen. Schließlich drehte ich mich um und schlief weiter.
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Am nächsten Morgen packte ich mein Zelt ein und machte mich auf die Suche nach einem Frühstücksplatz. Heute war ein besonderer Tag: Mein Geburtstag! Mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand ließ ich die letzten Tage Revue passieren. Wer hätte gedacht, dass ich diesen Tag irgendwo in Frankreich, auf einer langen Radtour, verbringen würde?
Am Abend änderte sich mein Plan unerwartet. Eigentlich wollte ich mir einen Zeltplatz suchen, doch ehe ich mich versah, war ich schon in den Vororten von Bordeaux. Spontan entschied ich mich, ein Hotel zu nehmen. Und wie der Zufall es wollte, traf ich dort auf einen Engländer und einen Franzosen, die mich direkt auf ein Glas Wein einluden. Lustigerweise hatten meine Freunde mir über Discord geschrieben, dass ich mir einen Wein gönnen sollte – und plötzlich saß ich da mit einem Glas in der Hand! Wir lachten viel, und als sie hörten, dass ich Geburtstag hatte, bekam ich sogar ein kleines Ständchen.
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Am nächsten Morgen ging es weiter. Ich hatte mir ein Hostel im Zentrum von Bordeaux gebucht und musste nur noch gemütliche siebeneinhalb Kilometer fahren. Ich schob mein Rad am Fluss Garonne entlang und genoss die entspannte Atmosphäre.
So endete mein Geburtstag – anders als erwartet, aber voller schöner Überraschungen. Genau das ist es, was ich an dieser Reise liebe: die Spontanität, die Begegnungen mit Menschen und die kleinen Abenteuer, die mich jeden Tag aufs Neue überraschen.