(05 Oktober 2022)
Die letzten Tage hatte ich auf einem idyllischen kleinen Campingplatz verbracht – eigentlich mehr ein Bauernhof, wo ich herzlich aufgenommen wurde. Die Besitzer waren unglaublich freundlich, versorgten mich bestens und ließen mich vollkommen zur Ruhe kommen. Doch nun war es an der Zeit, meine Reise fortzusetzen. Nach einem stärkenden Kaffee und einer ebenso warmherzigen Verabschiedung schwang ich mich auf mein Rad und verließ das kleine Dorf. Mein erster Stopp des Tages war ein Bäcker, wo ich mir ein frisches, selbstgebackenes Brot für das Frühstück kaufte. Danach musste ich dringend meine Vorräte auffüllen, denn mein Proviant war nahezu erschöpft.
Der Herbst hatte Frankreich bereits fest im Griff. Seit dem 30. September waren die meisten Campingplätze geschlossen, was mich vor eine neue Herausforderung stellte: Wo sollte ich heute Nacht schlafen? Die Besitzer des Campingplatzes hatten mir geraten, einfach bei Bauern nachzufragen oder mich an den Bürgermeister eines Dorfes zu wenden – eine übliche Praxis in der Region. Doch ich wusste, dass ich mich wohl oder übel auf mein erstes echtes Wildcamping-Abenteuer einstellen musste.
Nach dem Einkauf machte ich mich auf den Weg. Die Strecke war fordernd: Ein stetiges Auf und Ab mit Steigungen bis zu zehn Prozent verlangte mir einiges ab. Dennoch war ich froh, dass ich mein Gepäck reduziert hatte – ganze 6,5 Kilogramm hatte ich zuvor per Post nach Hause geschickt. Mit jedem Meter, den ich mich den Hügeln hocharbeitete, spürte ich, wie mein Körper die Anstrengung annahm und ich mich immer mehr in den Rhythmus der Reise einfügte.
Am Abend wurde die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz schwieriger als gedacht. In dieser Region Frankreichs waren fast alle Felder eingezäunt, und weit und breit war kein Bauer zu sehen, den ich hätte fragen können. Die Sonne begann bereits zu sinken, und ich wusste, dass ich nicht mehr lange Zeit hatte, bevor die Dunkelheit hereinbrach. Schließlich fand ich doch noch eine ruhige Ecke abseits der Straße, wo ich mein Zelt aufschlagen konnte.
Am nächsten Morgen war alles nass vom Tau, und die Luft war kalt. Doch als die Sonne langsam über die Landschaft stieg, bot sich mir ein atemberaubender Anblick: Nebelschwaden lagen über den Feldern, und die ersten Sonnenstrahlen tauchten die Szenerie in ein goldenes Licht. Ich konnte nicht anders, als immer wieder anzuhalten, Fotos zu machen und einfach diesen Moment zu genießen.
Der Tag brachte neue Herausforderungen mit sich. Die Wege waren steinig, die Steigungen steil, und die Sonne brannte unbarmherzig auf mich herab. Ich schwitzte, zog meine Jacke aus – nur um sie kurz darauf wieder anzuziehen, wenn der Wind auffrischte. Das ewige An- und Ausziehen wurde zur neuen Routine. Doch trotz aller Strapazen genoss ich jede Sekunde der Fahrt. Die Natur war beeindruckend, und das Gefühl, völlig unabhängig unterwegs zu sein, war unbeschreiblich.
Als der Abend nahte, stand ich erneut vor der Frage: Wo sollte ich schlafen? Die nächste größere Stadt war noch einige Kilometer entfernt, und die Idee, wieder wild zu campen, erschien mir zwar verlockend, doch meine Erschöpfung gewann die Oberhand. Schließlich entschied ich mich, ein Hotelzimmer zu nehmen. Die Aussicht auf eine heiße Dusche und ein weiches Bett war zu verlockend. Und so endete dieser abenteuerliche Tag mit dem Luxus einer richtigen Unterkunft – eine willkommene Abwechslung nach den Strapazen auf der Straße.
Der nächste Morgen begann mit einem ausgiebigen Frühstück. Frisch gestärkt schob ich mein Fahrrad aus der Stadt hinaus, denn das hektische Verkehrschaos wollte ich mir nicht antun. Bald hatte ich die lärmenden Straßen hinter mir gelassen und war wieder mitten in der Natur. Mein Ziel war Bordeaux, noch etwa 245 Kilometer entfernt. Ich wusste, dass ich es nicht an einem Tag schaffen würde, doch das spielte keine Rolle. Viel wichtiger war es, die Reise selbst zu genießen – mit all ihren Höhen und Tiefen, den Herausforderungen und den kleinen Glücksmomenten am Wegesrand. Genau das machte dieses Abenteuer so besonders.